Wer kennt es nicht, dieses Gefühl? Man begegnet einem Menschen und spürt sofort: Da ist eine besondere Verbindung. Der Austausch ist lebendig und mühelos, man ist auf derselben Wellenlänge, entdeckt Gemeinsamkeiten, die verbinden. Im Team hat man solche Menschen natürlich gern, denn sie „passen zu uns“.
Diese Resonanz erleben wir oft als etwas Positives. Und doch hat sie auch eine Schattenseite – besonders, wenn wir auf ihrer Grundlage wichtige Entscheidungen treffen. Das vielbeschworene Bauchgefühl kann gerade bei Personalentscheidungen oder Bewerbungsgesprächen für Urteilsverzerrungen führen. Denn unser Gehirn bewertet Vertrautes automatisch positiver – und diese unbewusste Sympathie bewirkt, dass wir Menschen bevorzugen, die uns sozial oder kulturell ähnlich sind. Was gleichzeitig heißt, dass potenzielle Talente aus anderen Lebenswelten außen vor bleiben.
Leistung zählt, heißt es – doch nicht selten wiegt Herkunft mehr. Nur so lässt es sich erklären, dass die Eliten Spitzenpositionen in Wirtschaft, Verwaltung und Justiz bevorzugt unter Ihresgleichen vergeben. Dass Menschen aus Arbeiterfamilien kaum die Vorstandsetagen erklimmen. Dass man lieber auf Vertrautes setzt als Neues ausprobiert. Der deutsche Soziologe Michael Hartmann nennt das die „kulturelle Anschlussfähigkeit“, die Zugang zu Macht eröffnet.
Was dabei verloren geht, ist Vielfalt – an Erfahrungen, Denkweisen und Perspektiven. Doch gerade die brauchen wir, um die großen Herausforderungen unserer Zeit gemeinsam zu gewältigen. Deshalb lohnt es sich, Resonanz nicht nur zu spüren, sondern auch zu hinterfragen. Denn sie ist sowohl Wegweiser, als auch ein Spiegel unserer eigenen Filter. Wenn wir das erkennen, kann sie uns dabei helfen, offener, bewusster und fairer zu entscheiden.
Dieser Text erschien als „Vielfaltskolumne“ in der Salzburger Straßenzeitung Apropos im August 2025.
Foto von cottonbro studio: https://www.pexels.com/de-de/foto/mann-im-weissen-poloshirt-das-schwarze-angelrute-halt-6256890/


