„Tak for sidst!“ – „Selv tak!“

Okt 15, 2020Geschichten vom Holzweg0 Kommentare

Frühjahr 1999. Ich bin Fremdsprachen-Assistentin an der Frederikshavn Handelsskole in Dänemark. Eigentlich ein Riesen-Zufall, dass ich gerade in Dänemark gelandet bin – aber das ist eine andere Geschichte. Ich habe jedenfalls gerade mein Studium beendet, bin young, free and single und voller Neugier, das mir unbekannte Land zu entdecken. Und so nehme ich jede Einladung an und nutze jede Gelegenheit, die sich mir bietet, in die dänische Lebensart einzutauchen – vom Dorschfischen auf hoher See bis zur Gangparty im Studentenheim.

Badminton? Klar kann ich das!

Und so zögere ich nicht lange, als mich meine Lehrer-Kollegen (ja, es waren glaub ich nur männliche!) fragen, ob ich zum Badminton-Spielen mitkommen möchte. In Wien habe ich immer wieder mal Badminton gespielt und sogar ein paar Trainerstunden genommen – das wird ja wohl für so eine zum Teil mittelalterliche Lehrerrunde ausreichen! Was ich damals nicht wusste, ist, dass Badminton in Dänemark der Breitensport schlechthin ist, den jedes Kind lernt. Und das Niveau dementsprechend hoch ist – aber auch das ist eine andere Geschichte…! Die Kollegen sind auf jeden Fall nachsichtig mit mir und so komme ich gerne zum wöchentlichen Training mit. Wohlgemerkt mit anschließendem Zusammensitzen und das eine oder andere Gläschen trinken, wie es sich gehört!

Die dänischen Badminton-Kollegen

Tak for sidst!

Meistens kann ich mit Kollegen Soren mitfahren. Er ein paar Jahre älter als ich, ein typischer blonder Sunnyboy, der (obwohl in festen Händen) dem Flirten nicht abgeneigt ist. Als ich eines Tages zu ihm ins Auto steige, begrüßt er mich mit einem „Tak for sidst!“, was übersetzt soviel bedeutet wie: „Schön war’s letztes Mal „oder „Danke für unlängst“! Ich bekomme Herzklopfen, in meinen Gedanken suche ich fieberhaft nach etwas, wofür er sich bedanken könnte… War da etwas, woran ich mich nicht erinnern kann? Habe ich vielleicht etwas zuviel getrunken und war da mehr als nur Heimbringen? Ist da irgendwas passiert oder habe ich missverständlichen Signale ausgesendet…? Ich bin ja eigentlich diejenige, die sich bedanken muss, und nicht er…! Die nächsten Tage denke ich immer wieder an diese Begebenheit.

Selv tak!

In meiner Ratlosigkeit wende ich mich an meine Betreuungslehrerin Lone und sie klärt mich auf: Diese Begrüßungsfloskel soll einfach nur zeigen, dass man sich freut, einander wieder zu sehen und das letzte Treffen in netter Erinnerung hat. Und es gibt sogar eine passende Antwort darauf, nämlich: „Selv tak“, also: „Dir auch Danke“, oder „ganz meinerseits“! Ich bin erleichtert – Sorens Dank hat also nichts Verfängliches, sondern ist reine Höflichkeit! Und so kann ich ihm das nächste Mal, als er mich abholt, zuvorkommen und voller Inbrunst beim Einsteigen ein „Tak for sidst!“ entgegenschmettern. Woraufhin wie aus der Pistole geschossen ein „Selv tak!“ zurückkommt.

Und die Moral von der Geschicht?

Interkulturelle Missverständnisse passieren unheimlich schnell – aber die gute Nachricht ist: Fragen hilft 🙂
Das war ja noch ein relativ harmloses Beispiel ohne Folgen, aber andere Hoppalas oder Sprünge ins Fettnäpfchen können schnell mal für Irritation sorgen. Gut, wenn man es im Nachhinein aufklären und darüber lachen kann so wie in meinem Fall. Was habt ihr denn dahingehend schon erlebt? Ich freue mich über eure Geschichten in den Kommentaren!

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